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Heute schon gefloskelt?

Eines der unterhaltsamsten Spielchen im Bereich Online, Social Media oder Business ist Bullshit-Bingo. Fertigen Sie einfach eine Liste der abgegriffensten und nervigsten Formulierungen aus Ihrem Umfeld an. Wer (z.B. in einer Besprechung oder im Laufe des Tages) zuerst alle Begriffe wegstreichen kann, der hat gewonnen. Zu einer solchen Liste könnten gehören:

– Sind wir da ausreichend gestafft?
– Das sollten wir entlang der Bedürfnisse der Zielgruppe denken.
– Haben wir hier alle relevanten Akteure im Fokus?
– Das müssen wir proaktiv kommunizieren.
– Das ist fine für mich.
– Das bringt uns effektive Synergieeffekte.
– Machen wir zu der Backup-Lösung noch ne TelKo oder meeten wir uns dazu?
– Wir stehen für Qualität, Leidenschaft und Innovation.
– Da bin ich ganz bei Ihnen.
– Wir bieten zeitgemäße Innovationslösungen.

Das Thema Floskeln kann man gar nicht oft genug behandeln, einfach weil Floskeln so oft und selbstverständlich (sprich: ohne Nachzudenken) benutzt werden. Wir finden diese sprachlichen Hülsen an jeder Ecke: auf der Website, in eigenen Publikationen, in der E-Mail-Korrespondenz oder eben in Besprechungen. Im Tierreich entsprächen diese Phrasen wohl am ehesten hormoninduzierten Ausdünstungen, die dem reinen Imponiergehabe dienen. Sie werden allerdings auch als Schutz eingesetzt. Wer nicht wirklich Substanzielles zu sagen bzw. zu bieten hat, der wählt diese Form von Beeindruckungsrhetorik.

Zusammengeschrumpelte Worthülsen
Auf den ersten Blick wirken Floskeln professionell. Wenn wir sie uns allerdings genauer anschauen, entweicht zunächst eine Menge heißer Luft und am Ende liegt eine zusammengeschrumpelte Worthülse auf dem Tisch. Die Liste der ausgelutschten Begriffe ist lang. Es gibt branchenspezifische, aber es gibt weitaus mehr branchenübergreifende Phrasen. Der nachfolgende Satz gehört zu den Klassikern:

„Ein dynamisches Team aus kompetenten Mitarbeitern entwickelt für Sie nachhaltige und lösungsorientierte Ansätze.“

Danke, das freut mich. Wo ich als Kunde doch eigentlich von einer Truppe unqualifizierter Langweiler ausgegangen war, die komplett am Ziel vorbei arbeiten. NATÜRLICH erwarte ich (fach)kompetente Mitarbeiter. Sonst kann ich es ja gleich selbst machen. Und SELBSTVERSTÄNDLICH sollen diese Mitarbeiter auch „lösungsorientiert“ arbeiten. Wie denn sonst? Allerdings möchte ich im Ergebnis nicht nur Ansätze sehen, sondern für mein Geld auch etwas Handfestes und Wirksames bekommen. Und ja, das bitte auch nachhaltig. Was bringt es mir denn, wenn ich ein Produkt oder eine Dienstleistung nur bis Ende nächsten Jahres nutzen kann?

Was hier also als vermeintliche Zusatzleistung bzw. einzigartiges Qualitätsmerkmal beworben wird, ist in jedem Punkt eine Selbstverständlichkeit. Stellen Sie sich doch mal vor, ein Arzt kommt vor einer Operation zu Ihnen und teilt Ihnen mit: „Wir werden versuchen, ihnen zielorientiert den Blinddarm zu entfernen und nicht etwa das linke Bein. Im Übrigen wird die OP von einem motivierten Team durchgeführt, das sogar über medizinisches Grundlagenwissen verfügt.“ Na vielen Dank! Müssen Sie also wirklich betonen, dass Sie kompetent sind? Wenn dem nicht so wäre, dann bräuchten Sie in ihrem Berufsfeld erst gar nicht anzutreten. Dann betreiben Sie Kochen doch einfach als Hobby und machen kein Restaurant auf.

Verkaufen Sie Ihrer Zielgruppe also nicht etwas, was diese sowieso von Ihnen erwartet. „Lösungsorientierte Ansätze“ sind kein Alleinstellungsmerkmal, sondern die unbedingte Voraussetzung dafür, dass Sie den Job, den Sie haben, überhaupt professionell machen können. Das Mindeste, was Sie als Dienstleister bzw. Hersteller in Ihrem Bereich leisten müssen, kann nicht gleichzeitig Ihr schlagendstes Verkaufsargument sein. Vor allem nicht, wenn es sprachlich und inhaltlich so beliebig und austauschbar ist, dass es in wirklich jeder Branche verwendet werden kann – vom Yoga-Coach über den Service für Hochzeitsblumengestecke bis hin zur Unternehmensberatung.

Kernkompetenz: Äpfel
Am schönsten auf den Punkt bringt das Thema „Business-Floskeln“ die Mutter aller Image-Filme, geschaffen von der Agentur all dente Entertainment GmbH. Gönnen Sie sich noch viereinhalb Minuten Spaß:

Mutter aller ImagefilmeZum Video: S`Leben is a Freid.

 

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